Neue Erkenntnisse für personalisierte Ernährung
Als Augenarzt interessiere ich mich nicht nur für direkte Augenkrankheiten, sondern auch für systemische Faktoren, die die Augengesundheit beeinflussen. Der Insulinstoffwechsel spielt dabei eine zentrale Rolle, da Diabetes mellitus eine der häufigsten Ursachen für Erblindung im Erwachsenenalter darstellt. Eine bahnbrechende neue Studie aus Kanada revolutioniert unser Verständnis darüber, wie verschiedene Menschen auf die drei Hauptnährstoffgruppen reagieren.
Forscher der University of British Columbia haben erstmals in großem Maßstab untersucht, wie unterschiedlich Menschen auf Kohlenhydrate, Proteine und Fette reagieren. Sie analysierten Pankreasinseln von 140 verstorbenen Spendern verschiedener Altersgruppen und testeten deren Insulinreaktion auf die drei Makronährstoffe.
Die Ergebnisse waren überraschend: Während die meisten Spender erwartungsgemäß am stärksten auf Kohlenhydrate reagierten, zeigten etwa neun Prozent die stärkste Insulinausschüttung bei Proteinen und weitere acht Prozent bei Fetten – sogar stärker als bei Glukose.
Diese Erkenntnisse stellen die lange vertretene Ansicht infrage, dass Fette bei allen Menschen kaum Einfluss auf die Insulinfreisetzung haben. Tatsächlich gibt es eine bedeutsame Untergruppe der Bevölkerung, die besonders stark auf fettreiche Nahrung reagiert.
„Insulin spielt eine große Rolle für die menschliche Gesundheit – von Diabetes, bei dem es zu niedrig ist, bis hin zu Fettleibigkeit, Gewichtszunahme und sogar einigen Krebsarten, bei denen es zu hoch ist“, erklärt Studienleiter Professor James Johnson. Diese individuellen Unterschiede könnten erklären, warum standardisierte Ernährungsempfehlungen nicht bei allen Menschen gleich wirksam sind.
Besonders interessant waren die Ergebnisse bei Spendern mit Typ-2-Diabetes. Wie erwartet war deren Insulinreaktion auf Glukose stark reduziert. Überraschenderweise blieb jedoch die Reaktion auf Proteine weitgehend erhalten.
Diese Beobachtung untermauert die Annahme, dass proteinreiche Diäten für Menschen mit Typ-2-Diabetes therapeutische Vorteile haben könnten. Sie könnte auch erklären, warum manche Diabetiker besser auf kohlenhydratarme, proteinreiche Ernährungsformen ansprechen als andere.
Für die Augengesundheit sind diese Erkenntnisse von enormer Bedeutung. Chronisch erhöhte Insulinspiegel können zu Insulinresistenz führen, die wiederum das Risiko für diabetische Retinopathie erhöht. Menschen, die stark auf Fette oder Proteine reagieren, könnten durch eine entsprechend angepasste Ernährung ihr Risiko für Augenerkrankungen reduzieren.
Bei Patienten, die besonders empfindlich auf Fette reagieren, könnte eine fettreduzierte Ernährung nicht nur das Körpergewicht, sondern auch die Insulinresistenz positiv beeinflussen. Dies würde indirekt auch das Risiko für diabetische Augenkomplikationen senken.
Die Studie legt den Grundstein für personalisierte Ernährungsansätze basierend auf individuellen Insulinreaktionen. Anstatt universelle Empfehlungen zu geben, könnte man künftig Ernährungspläne entwickeln, die auf die spezifische metabolische Antwort des Einzelnen zugeschnitten sind.
Menschen mit starker Proteinreaktion könnten von kohlenhydrat- und fettreduzierten Diäten profitieren, während diejenigen mit ausgeprägter Fettreaktion möglicherweise besser auf Low-Fat-Ansätze ansprechen.
Gemeinsame Proteine in beiden Ablagerungen
• Beta-Amyloid (Aβ):
• In beiden Erkrankungen wurden Beta-Amyloid-Peptide nachgewiesen.
• Dies legt eine mögliche gemeinsame pathophysiologische Rolle nahe, insbesondere im
Die Forscher führten auch umfassende Analysen von Protein- und Genexpressionsmustern durch. Diese Erkenntnisse könnten es künftig ermöglichen, mithilfe genetischer Tests zu bestimmen, welche Makronährstoffe bei einer Person am ehesten eine starke Insulinreaktion auslösen.
Solche Tests könnten revolutionär für die präventive Medizin sein. Bereits vor der Entwicklung von Diabetes oder anderen stoffwechselbedingten Erkrankungen könnte man die Ernährung optimieren, um das individuelle Risiko zu minimieren.
Bis genetische Tests verfügbar sind, können Patienten bereits heute von diesen Erkenntnissen profitieren. Eine aufmerksame Beobachtung der eigenen Reaktionen auf verschiedene Mahlzeiten kann wichtige Hinweise geben.
Menschen, die nach fettreichen Mahlzeiten besonders müde werden oder Blutzuckerschwankungen bemerken, könnten zu den „Fett-Respondern“ gehören. Ähnliche Beobachtungen lassen sich für proteinreiche Mahlzeiten machen.
Interessant sind auch die möglichen Verbindungen zum Glaukom. Neuere Studien zeigen Zusammenhänge zwischen Insulinresistenz und erhöhtem Augeninnendruck. Menschen mit individuell optimierter Ernährung könnten möglicherweise ihr Glaukomrisiko beeinflussen.
Die verschiedenen Insulinreaktionstypen könnten auch erklären, warum manche Glaukompatienten besser auf Lebensstiländerungen ansprechen als andere.
Bedeutung für die Makuladegeneration
Auch bei der altersbedingten Makuladegeneration spielen metabolische Faktoren eine wichtige Rolle. Insulinresistenz und chronische Entzündung können die Entwicklung dieser Erkrankung fördern.
Eine personalisierte Ernährung, die die individuellen Insulinreaktionen berücksichtigt, könnte daher auch bei der AMD-Prävention hilfreich sein.
Diese Studie markiert einen Meilenstein auf dem Weg zur personalisierten Ernährungsmedizin. Die nächsten Schritte werden klinische Studien sein, die diese Laborergebnisse in realen Alltagssituationen überprüfen.
Die Entwicklung praktischer Tests und Empfehlungen wird Zeit brauchen, aber das Potenzial ist enorm. Eine auf den individuellen Stoffwechsel abgestimmte Ernährung könnte nicht nur Diabetes verhindern, sondern auch die damit verbundenen Augenkomplikationen.
Die Erkenntnis, dass Menschen so unterschiedlich auf Makronährstoffe reagieren, verändert unser Verständnis der Ernährungsphysiologie grundlegend. Für die Augenheilkunde eröffnet dies neue Perspektiven für die Prävention diabetischer und anderer stoffwechselbedingter Augenerkrankungen.
Die Zukunft liegt in einer personalisierten Herangehensweise, die die individuellen metabolischen Eigenarten berücksichtigt und damit sowohl die allgemeine Gesundheit als auch die Augengesundheit optimiert.
University of British Columbia Cell Metabolism-Studie (2025), individuelle Insulinreaktionen, personalisierte Ernährungsmedizin, Diabetes und Augenerkrankungen, Insulinresistenz und Glaukom, metabolische Faktoren bei AMD.